Wie gefällt es euch, wenn euch ein wildfremder Mann hinterherpfeift? Vielleicht noch mit einem „Was für eine geile Bitch!“ und einem debilen Grinsen garniert? Die Klasse 2G20C hat sich als erste von acht Klassen der Berufsfachschule für Gesundheit und Soziales in einem Workshop mit der Thematik beschäftigt und war sich anschließend einig: Catcalling? - Geht gar nicht!
„Catcalling bezeichnet sexuell anzügliches Hinterherrufen, Kommentieren, Hinterherpfeifen oder sonstige sexualisierte Laute und Gesten im öffentlichen Raum. Diese Form der verbalen sexuellen Belästigung ist ein weit verbreitetes Phänomen und betrifft insbesondere junge Frauen und queere Personen“, erläutert Katharina Stein, die den Workshop leitete. „In der Gesellschaft vorherrschende Rollenbilder und Machtstrukturen sorgen dafür, dass dieses Phänomen weit verbreitet ist und oftmals nicht als Problem, sondern als vermeintliches Kompliment oder als Spaß betitelt wird“, so die Expertin weiter.
Anna Dosoruth-Lück, Bereichsleiterin Gesundheit und Soziales, war sofort begeistert, als Sozialarbeiterin Stephanie Watenphul die Möglichkeit eröffnete, mit mehreren Klassen diesen Workshop durchzuführen: „Der Workshop zielt darauf ab, für die Themen Catcalling und sexuelle Belästigung zu sensibilisieren und ein allgemeines Problembewusstsein zu schaffen. Ich finde es sehr wichtig, dass insbesondere Frauen, also auch unsere Schülerinnen, verstehen, dass es nicht ihre Schuld ist, wenn ihnen so etwas passiert. Darüber hinaus sollen die Schüler realisieren, was eine scheinbar harmlose Bemerkung bei den Betroffenen auslösen kann. Frauenkörper werden nach wie vor in unserer Gesellschaft sexualisiert. Das Bewusstmachen ist ein erster Schritt, um das zu ändern.“
Mithilfe von unterschiedlichen Methoden bot Katharina Stein den Schülerinnen und Schülern Möglichkeiten sich über eigene Erfahrungen auszutauschen, über die Unterschiede von einem Kompliment und einem Catcall zu diskutieren und sich mit den eigenen Grenzen auseinanderzusetzen. Katharina Stein: „Der Austausch mit den Schüler*innen hat verdeutlicht, wie groß das Ausmaß von Catcalling ist. Viele der Schülerinnen berichteten von eigenen Erfahrungen mit sexueller Belästigung: in der Stadt, im Zug, im Schwimmbad, beim Einkaufen, in der Schule. Der Erfahrungsaustausch zeigt, dass es sich um ein weit verbreitetes und alltägliches Phänomen handelt.“
Zudem weist die Expertin darauf hin, dass Catcalling in der Gesellschaft häufig bagatellisiert oder als vermeintliches Kompliment betitelt würde. „Um den Unterschied zwischen einem Kompliment und einem Catcall zu verdeutlichen, haben sich die Schüler*innen mit der Frage auseinandergesetzt, welche Gefühle durch Catcalling ausgelöst werden können. Genannt wurden unter anderem Angst, Wut, Erniedrigung, Scham, Ekel, Unwohlsein, Schuldgefühle, Verzweiflung und Aggression. Diese Antworten machen insbesondere eins deutlich: diese Gefühle sind weit entfernt von dem, was ein Kompliment auslösen soll“, fasst Stein zusammen.
Einen weiteren Beleg für die weite Verbreitung von Catcalling bietet derzeit die Aktion „Catcallsof…“ (z.B Catcallsofbottrop) auf Instagram. Betroffene werden aufgefordert die Stelle mit Kreide zu markieren, wo eine solche Belästigung stattgefunden hat, das Vergehen zu beschreiben und somit sprichwörtlich anzukreiden.